Praxis für Psychotherapie
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Plötzlich ist es da einfach so wie aus dem Nichts: Diese unbeschreibliche sorglose Glückseligkeit, die kindliche Neugier, die frische Brise Meerluft auf der warmen Haut, vermischt mit dem Geruch von frischen Pommes mit Mayo, im Hintergrund das Geplapper der jüngeren Schwester, weit entfernt der bellende Hund. Himmlische Sinneseindrücke, ein sorgloses Bild, gepaart für einen winzigen Moment. Was war passiert?
Im vollen Bewusstsein kaum etwas, im Unterbewusstsein hingegen vielerlei komplexe Abläufe. Hatte ich doch gerade nur die neue Tube mit Sonnenmilch aufgedreht, um nur kurz daran zu riechen! Nun plötzlich wurde ich einfach aus dem Nichts zurückversetzt in die Kindheit.
Der Geruchssinn ist einer unserer ältesten Sinne und wird bereits im Mutterleib gebildet. Fast vollständig funktionsfähig bei der Geburt, sichert er das eigene Überleben. Ohne das Riechen sind Säuglinge nicht in der Lage, mit der Nase die gehaltvolle Brust der nährenden Mutter zu finden. Riechen gehört zum natürlichen Leben und erfüllt eine extrem wichtige Funktion.
Nicht nur zur Nahrungsaufnahme dient das Riechen, es ist ebenso wichtig bei der Orientierung wie auch der Bildung von Allianzen. Ein Kind, welches innig sein Elternteil umarmt, nimmt so auch bestimmte umgebende Gerüche und Eindrücke wahr. Diese werden unwillkürlich in Gehirnregionen abgespeichert und im späteren Leben abgerufen. Unser Geruchssinn schützt und warnt uns so vor verdorbenen Lebensmitteln, giftigen Substanzen, Gasen oder Rauch.
Nase und Gehirn sind in der Lage, den individuellen Körpergeruch eines Menschen unbewusst mit dem Hintergrund, ob diese Person für die Partnerwahl infrage kommt oder nicht, zu analysieren und zu filtern. Dies innerhalb kürzester Zeit auch dann, wenn überlagernde Düfte von Duftwässerchen oder Duschgel den Eigengeruch überdecken. Eine wahrhaft erstaunliche Leistung.
In der Nase, beidseitig an der Nasenscheidewand befinden sich die Riechschleimhäute, die mit Riechzellen ausgestattet sind. Diese Riechzellen, welche sich nicht nur in der Nase, sondern auch in anderen Körperregionen wie u. a. in der Haut, dem Darm oder der Niere befinden, verfügen über Rezeptoren für etwa 350 unterschiedliche Duftstoffe. Die Nase ist in der Lage, mehr als 10.000 Duftnoten zu unterscheiden.
Die aufgenommenen Duftstoffe werden über spezielle Nervenbahnen in das Riechhirn weitergeleitet. Von hier aus gelangen sie zum Hypothalamus und zum limbischen System. (Funktionseinheit des Gehirns für die Beeinflussung und Verarbeitung von Emotionen). Die unterschiedlichen Areale im Gehirn verbinden sich dann mit dem Duft, den wahrgenommenen Gefühlen, den Trieben und erfüllen den wichtigen Zweck, dieses Erlebnis im Gedächtnis zu speichern, um so auf eventuell einwirkende Gefahren oder Situationen reagieren zu können.
In jungen Lebensjahren ist der Geruchssinn am ausgeprägtesten. Das Geruchsgedächtnis wird in den ersten drei Lebensjahren gebildet. Dies war in der früheren evolutionären Entwicklung des Menschen als Jäger und Sammler überlebenswichtig. Geruch und Gedächtnis erfüllen einen wichtigen Zweck. Erfahrungen, Bilder und Emotionen verknüpfen sich und Wirken. Sie beleben Aufmerksamkeit und nähren Hoffnung.
Da verwundert es kaum, weshalb manchmal nur der Hauch eines Duftes eine im Kindesalter erlebte Situation mit stark verbundenen emotionalen Gefühlen aufleben lassen kann. Eben wie hier: Die Tube, aus der die Glückseligkeit stammt.
Was geschieht, wenn wir krank werden, einen Unfall erleiden und die Nase keine Gerüche mehr wahrnimmt oder verarbeiten kann. Die Welt um uns herum duftlos bleibt? Sinnliche Freuden lösen sich auf, der Spaß und Vergnügen am Essen vergehen, die emotionalsten schönsten Erinnerungen gehen verloren.
Vorkommen kann es hingegen auch, dass die in der Kindheit oder früheren Vergangenheit abgespeicherten Situationen nicht immer gut und positiv waren. Negative Erlebnisse oder Ereignisse Raum hinterlassen haben.
Im Erwachsenenalter können diverse Faktoren wie Gerüche oder Trigger in der Lage sein, erhebliche negative Eindrücke auszulösen oder Reaktionen hervorzurufen mit einem selbstschädigenden Effekt. Sie sind dann fähig, z. B. Angststörungen, Belastungsstörungen, körperliche Begleiterscheinungen und vieles weitere mehr zu entfachen.
Schicksalsschläge oder weniger gute bis schlechte Kindheitserinnerungen bestimmen unser Leben aller. Diese sind nicht vermeidbar. Sie sind im Gehirn verankert und abgespeichert. Dies ist bei jedem Menschen individuell. So kann es auch zu Fehleinschätzungen kommen. In den meisten Fällen sind diese „Störungen“ sehr gut behandelbar. Im Gehirn abgespeicherte oder eingefahrene Muster können unter fachlicher therapeutischer Hilfestellung verformt und verändert werden. Denn Gefühlsintensitäten werden durch Bewertungen und Normensysteme festgelegt. Um bestimmte Emotionen zu verändern, ist dies durch entsprechende Veränderung der emotionsbestimmenden Gedanken erreichbar.
Vom ersten bis zum letzten Atemzug sind wir von Duftmolekülen umgeben, sodass kein anderer Sinn so viele Gefühle auslösen kann wie das Riechvermögen.